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Das Problem mit der Bildschirminteraktion

Dieser Blog-Post liefert dir zahlreiche Einblicke, warum Bildschirminteraktion für dein Kind schlecht ist.

  1. Technologie und Bildschirme sind überall um uns herum.
  2. Unsere Welt ist analog.
  3. Das Gehirn ist ein Muskel
  4. Lernen mit Bildschirmen – Das Video Defizit

Technologie und Bildschirme sind überall um uns herum.

Wir leben in einer Welt die digital ist. Viele von uns stehen morgens auf und haben nach kurzer Zeit schon ein Smartphone in der Hand. Am Weg zur Arbeit in Straßenbahnen und U-Bahnen überall sind Bildschirme. In der Arbeit angekommen haben eine große Mehrheit von uns auch einen Bildschirm vor der Nase und einen Arbeitsplatz an einem Computer. Rundum werden wir täglich von digitalen Medien und Bildschirmen umgeben und durch den Tag begleitet. Kein Wunder also, dass auch Kinder sehr schnell mit digitalen Medien und Bildschirmen in Berührung kommen.

Doch was macht der Bildschirm bzw. Bildschirminteraktion mit uns und vor allem mit unseren Kindern? Das ist eine Frage, die sich immer mehr Eltern stellen.

Unsere Welt ist analog

Einer der führenden deutschen Hirnforscher Prof. Dr. Dr. Spitzer forscht bereits sehr lange an unserem Gehirn, an Lernprozessen und der Gehirnentwicklung. In seinem Buch “Digitale Demenz” beschäftigt er sich sehr intensiv mit dem Thema Lernen, Gehirnentwicklung und Konsum digitaler Medien und Bildschirmen bei Kindern und Jugendlichen. Er zeigt klar auf, unsere Welt ist analog, wir leben und lernen in einer physischen Welt, die von überwiegendem Konsum digitaler Medien und zu viel Bildschirminteraktion bei Kindern geprägt ist. Dieser Überfluss an digitalen Medien führt zu Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, zu Lern- und Konzentrationsproblemen.

Unsere Welt ist und war immer analog und es war überlebenswichtig für unsere Vorfahren sich in dieser physischen Welt zurechtzufinden und aufgrund von physischen und sozialen Interaktionen dazuzulernen. Digitale Medien und das Smartphone schaffen diese physischen Interaktionen ab und ersetzen sie durch Bildschirme mit digitalen Inhalten. Die Sensorik, die Motorik und die richtige soziale Interaktion durch Empathie und Sprache gehen dabei zum großen Teil verloren. Nun wissen wir, dass sich unsere Gehirne, vor allem in den frühen Lebensphasen, entscheidend entwickeln und ein Großteil dieser Lernerfahrungen im Kindesalter gemacht werden müssen, da hier sonst ein Defizit entsteht, welches nicht mehr oder nur mehr sehr schwierig aufgeholt werden kann.

Kinder wachsen heran und durchlaufen verschiedene Wachstumsphase in denen das Gehirn aufgebaut wird. Generell bilden Nervenzellen neue Verbindungen durch externe Reize und Eindrücke. Je mehr Eindrücke und Reize eine Verbindung im Gehirn bekommt umso stärke, ausgeprägt und effizienter funktioniert diese Verbindung – kurzum wir lernen. Um zu lernen, müssen aber die richtigen Teile im Gehirn zur richtigen Zeit stimuliert werden. Kinder benötigen sensorische und motorische Eindrücke und Lernerfahrungen, sowie soziale Kontakte. Doch genau diese Eindrücke fehlen, wenn Kinder nur mit Bildschirmen interagieren.

Das Gehirn ist ein Muskel.

Das Gehirn ist ein Muskel, jene Teile die regelmäßig trainiert werden, werden “besser” und wachsen heran. Jene Teile, die nicht gebraucht werden bleiben stehen oder bilden sich sogar zurück.

Je nach Lebensphase benötigen wir, um diesen “Muskel” zu trainieren, andere “Trainingsprogramme” also Eindrücke und Herausforderungen. Dabei sind unterschiedliche Handlungen und Reize in den verschiedenen Phasen notwendig, um den Menschen beim Heranwachsen zu helfen. Werden aber die falschen Handlungen gesetzt oder Reize empfangen, kann dies die Entwicklung verzögern oder sogar schaden. Die folgende Grafik zeigt das auf:

Gehirnentwicklung in unterschiedlichen Lebensphasen nach Dr. Spitzer

In der Grafik ist klar ersichtlich das soziale Interaktionen, Kommunikation, Bewegung und Sensorik gerade in den frühen Entwicklungsphasen eines Menschen entscheidend für die Gehirnentwicklung sind. Defizite in der Kindheit und Jugend können nur schwer wieder aufgeholt werden und haben signifikanten Einfluss auf das restliche Leben. Es ist auch zu beobachten, dass Bildschirminteraktionen wie Smartphone-Interaktionen oder PC und Konsolenspiele einen sehr negativen Einfluss auf die Entwicklung haben, vor allem dann, wenn sie in den frühen Kindheitsphasen bereits übermäßig stattfinden.

Umso erschreckender ist, dass Kinder und Jugendliche heutzutage so viel Zeit vor Bildschirmen verbringen. Denn, deutsche Kinder und Jugendliche zwischen 12-18 Jahren verbringen im Durchschnitt 7,5 Stunden täglich vor Bildschirmen. An den Wochenenden sind es meist mehr Stunden und unter der Woche weniger, aber im Durchschnitt sind das 7,5 Stunden pro Tag in denen sie vor Smartphones, PC und Spielekonsolen mit den Bildschirmen interagieren und andere soziale Eindrücke und physische und motorische Reize fehlen. Wenn im Kontrast dazu die Zeit verglichen wird die Kinder mit Lernen in der Schule beschäftigt sind, und von ca. 35 Wochenstunden Schule (á 45min) ausgegangen wird, verbringen deutsche Kinder also nur 3,75h am Tag mit Lernen und doppelt so viel Zeit vor den Bildschirmen. In den USA ist diese Zahl noch höher und erschreckender, denn in der Gruppe der 8-18 Jährigen verbrinden die Kinder und Jugendlichen durchschnittlich 10,75 Stunden vor Bildschirmen (Kaiser Family Foundation https://www.cnet.com/news/privacy/kids-pack-in-nearly-11-hours-of-media-use-daily/ ). Diese Zeit fehlt also auf der anderen Seite für das Erlernen von echten sozialen Kontakten, Empathie, Motorik, Sprache und höhere Fähigkeiten wie Mathematik, Lesen und Schreiben und wirkt sich dementsprechend schlecht auf die Gehirnentwicklung aus.

Lernen mit Bildschirmen – das Video Defizit

Kinder lernen Sprache und soziale Normen und Verhaltensweisen durch soziale Interaktionen mit Freuden oder Familienmitglieder. Diese sozialen Interaktionen sind entscheidend für das Erlernen von Sprache und sozialer Kompetenz. Studien zeigen, dass Kinder von Videos Sprache und soziale Kompetenz viel schlechter erlernen als durch direkte Interaktion mit Erwachsenen. Diesen Unterschied nennt man das Video Defizit. Denn Videos gehen nicht auf Kinder und deren Bedürfnisse ein, sie sind linear und können nicht auf Veränderungen beim Kind reagieren. Kinder sind also besser gefördert, wenn Erwachsene auf ihre Bedürfnisse eingehen und ein Dialog entsteht. Durch diesen Dialog entsteht nicht nur auf sprachlicher Ebene ein Austausch sondern auch eine soziale Interaktion bei denen soziale Normen und social Skills trainiert werden. All diese Qualitäten bringen Videos und Smartphone-Apps nicht oder nur bedingt mit.

Studien zeigen jedoch auch, dass das Video-Defizit jedoch abgeschwächt werden kann, indem die Videos gemeinsam mit Erwachsenen geschaut werden und diese über das Video reden und somit sozial interagieren. Bei einer Studie mit Kindern zwischen 2,5 und 3 Jahren wurde festgestellt, dass Kinder nur dann aus den Videos lernten, wenn diese gemeinsam mit Erwachsenen geschaut und besprochen wurden.

Fazit

Als Fazit kann also geschlossen werden dass durch Bildschirme und Bildschirminteraktion zu wenig notwendige Lernerfahrungen gemacht werden. Zu viel Bildschirmzeit nimmt den Kindern die Möglichkeit diese Erfahrungen wo anders zu machen. Nur durch eine gemeinsame Interaktion mit Erwachsenen können Kinder mit Bildschirmen und Multimedia umgehen und die negativen Effekte abgeschwächt werden. Unter dem Strich ist jedoch zu sagen, dass es besser ist Kinder in der realen Welt mit physischen Objekten interagieren zu lassen anstatt sie vor einen Bildschirm zu setzen.

Quellen

https://www.youtube.com/watch?v=E5EKy0x55L4&t=2602s&ab_channel=StiftungLouisenlund

https://www.cdc.gov/nccdphp/dnpao/multimedia/infographics/getmoving.html

https://www.cnet.com/news/privacy/kids-pack-in-nearly-11-hours-of-media-use-daily/

https://www.mpi-talkling.mpi.nl/?p=1287&lang=de

Roseberry, S., Hirsh‐Pasek, K., Parish‐Morris, J., & Golinkoff, R. M. (2009). Live action: Can young children learn verbs from video?. Child development, 80(5), 1360-1375.

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